Lernkultur im digitalen Zeitalter
Inhaltsverzeichnis
Im Zentrum der Lernkultur steht die Frage: „Wie lernen wir am besten?“ Aber die Lernkultur umfasst mehr als das. Sie ist einem ständigen Wandel unterworfen und passt sich an die Bedürfnisse der sich verändernden Gesellschaft an – erst recht im digitalen Zeitalter.
Lernkultur – Was ist das überhaupt?
Der Begriff „Lernkultur“ setzt sich aus den beiden Wörtern „Lernen“ und „Kultur“ zusammen. Die Lernkultur ist eine Art Wegweiser für das Lernen in der Schule und in Unternehmen. Sie spiegelt zum einen die Werte, Denkweisen und Verhaltensregeln wider, die in Bezug auf das Lernen in der Schule wichtig sind. Zum anderen beinhaltet die Lernkultur die Bedingungen, die die Lernenden vorfinden. Hierbei sind sowohl die Elemente, die das Lernen fördern, als auch Elemente, die das Lernen stören und behindern, von Bedeutung. [1]
Eine einheitliche Definition des Begriffes „Lernkultur“ gibt es jedoch nicht. [2] Der Ausdruck umfasst viele verschiedene Aspekte. Die „Veränderung der Lernkultur“ meint nicht nur eine Änderung der Methoden oder Inhalte, sondern eine grundlegende Neuausrichtung des Unterrichts in der Schule. Der Wechsel besteht darin, den Schwerpunkt weniger auf das Unterrichten und mehr auf die Planung von Lernprozessen zu legen.
Das hat Auswirkungen auf das Selbstverständnis und die Anforderungen an die Lehrkräfte. Die traditionellen Lehrmethoden werden ergänzt durch individuelle Fördermaßnahmen. Lehrerinnen und Lehrer planen und organisieren das Lernen und begleiten individuelle Lernprozesse. Sie sind zunehmend seltener als reine Wissensvermittler und mehr als Motivatoren und Projektmanager tätig. [3]
Lernkultur im Wandel – warum?
Die Lernkultur befindet sich aktuell im Wandel. Das ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll und nötig.
- Veränderte Anforderungen der Gesellschaft: Die Schule, die Arbeitswelt und die Gesellschaft verändern sich ständig. Kernkompetenzen wie eigenständiges, kritisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und Flexibilität werden immer wichtiger. Die Lernkultur muss sich an diesen Anforderungen orientieren, damit Lernende eben diese Kompetenzen erwerben können.
- Digitalisierung: Die Digitalisierung gilt als vierte industrielle Revolution. Sie verändert die Arbeitswelt nachhaltig und hat Einfluss auf die Lernprozesse. Beispielsweise ergeben sich dank der Digitalisierung neue Möglichkeiten für individualisiertes, flexibles und selbstgesteuertes Lernen. Die Lernkultur muss diese Veränderungen berücksichtigen und sich an sie anpassen.
- Vielfalt: In unserer globalisierten Welt wird Vielfalt in Bezug auf Kultur, Religion, Sprache, Sexualität, Geschlecht und vieles mehr immer wichtiger. Eine zeitgemäße Lernkultur sollte diese Vielfalt berücksichtigen und eine inklusive Lernumgebung schaffen, in der sich alle Lernenden willkommen und wertgeschätzt fühlen und die gleichen Chancen haben.
- Wissenschaftliche Erkenntnisse: Die neuesten Erkenntnisse aus der Lernforschung und Bildungswissenschaft sollten ebenfalls in die Lernkultur einfließen, um ein effektives und nachhaltiges Lernen zu ermöglichen und Schülerinnen und Schüler auf die Welt von morgen vorzubereiten.
- Lebenslanges Lernen: In der heutigen schnelllebigen Welt ist lebenslanges Lernen zu einer Notwendigkeit geworden. Die Lernkultur sollte auch diesen Wandel berücksichtigen und Lernende darauf vorbereiten, nicht nur während ihrer schulischen Laufbahn, in Studium und Ausbildung, sondern während ihres gesamten Lebens zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Insgesamt ist der Wandel der Lernkultur notwendig, um junge Menschen auf die veränderten Anforderungen vorzubereiten.
Wie kann die Lernkultur in der Schule positiv verändert werden?
Zur aktiven Gestaltung der Lernkultur ist zunächst eine Bestandsaufnahme sinnvoll:
- Wie sehen das Lernen und die Lernkultur momentan aus?
- Welche Art von Unterricht findet hauptsächlich statt?
- Wie viel Präsenzunterricht gibt es und wie viel digitales Lernen, zum Beispiel durch Online-Lernplattformen?
- Haben alle Lernenden Zugang zu digitalem Lernen?
- Wie wird Lernen und Weiterbildung in der Schule gesehen? Wird es als lästige Pflicht betrachtet oder gibt es bereits lebendige Lerngemeinschaften?
Im nächsten Schritt kann überlegt werden, wie das Lernen und die Lernkultur in der Zukunft gestaltet werden sollen. Es ist wichtig, realistische Ziele zu setzen. Eine Änderung der Lernkultur ist ein laufender Prozess, der sich Schritt für Schritt vollzieht.
Wie könnte die Zukunft des Lernens aussehen?
Nicht nur in der Schule, auch in Unternehmen werden unterschiedliche Ansätze diskutiert, wie das Lernen in der Zukunft gestaltet werden könnte. Ein Ansatz ist das Peer-to-Peer-Lernen, bei dem Teammitglieder für Kolleginnen und Kollegen eigene Lerninhalte erstellen und diese mit anderen teilen. Das kann einerseits die Lernmotivation erhöhen und andererseits Ressourcen sparen.
Eine weitere Methode, die im Schulunterricht ebenfalls Verwendung finden könnte, ist das sogenannte „Microlearning“, bei dem Lerninhalte in kurzen Videosequenzen vermittelt werden. Diese Methode kommt Menschen mit einer kürzeren Aufmerksamkeitsspanne entgegen.
Beides lässt sich auch kombinieren: Schülerinnen und Schüler könnten kurze Videos aufnehmen, in denen sie ihr Wissen zu einem bestimmten Thema aufbereiten und auf einer Lernplattform zur Verfügung stellen. Das ermöglicht flexibles Lernen innerhalb einer kurzen Zeitspanne. [1]
Trotzdem bleiben die bisherigen Kernaspekte des Unterrichtens erhalten: Lehrkräfte wählen weiterhin die Inhalte und Medien für den Erwerb von Fachkompetenzen aus, leiten Lernende an und unterstützen sie beim Wissenserwerb, besonders, wenn diese das eigenverantwortliche, selbstständige Lernen noch nicht verinnerlicht haben.
Wie sollte das Lernumfeld gestaltet sein?
Unter einer „Lernumgebung“ versteht man spezielle Lehr- und Lernangebote, die es Lernenden ermöglichen, in verschiedenen Interaktionsformen und mit unterschiedlicher Ausrüstung zu lernen. Es handelt sich um ein bewusst gestaltetes Lernarrangement aus verschiedenen Methoden, Techniken, Materialien und Medien. [4]
Der zukünftige Schwerpunkt der Unterrichtstätigkeit liegt beim Lernen der Schülerinnen und Schüler und nicht beim Unterrichten der Lehrkräfte. Damit sind gelingt, kann eine Veränderung der Lernumgebung nötig sein.
Eine sinnvolle Lernumgebung sorgt für Lernbedingungen, die es Schülerinnen und Schülern möglich macht, sich aktiv, selbständig, eigeninitiativ und verantwortungsbewusst mit Lerninhalten auseinanderzusetzen.
Welche Aufgaben und Ziele sind mit einer veränderten Lernkultur verbunden?
Lange Zeit orientierten sich Lehrkräfte an einem „imaginären Durchschnittsschüler” bei der Unterrichtsgestaltung. Inzwischen hat sich das zugunsten eines kompetenzorientierten Unterrichts verschoben, bei dem zum einen die Talente, Stärken und Interessen der einzelnen lernenden Person gefördert werden und zum anderen versucht wird, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen.
Expertinnen und Experten fordern mittlerweile, dass die individuellen Unterschiede unter den Schülerinnen und Schülern wahrgenommen werden und dass verantwortungsvoll mit der Vielfalt im Klassenzimmer umgegangen wird. Diese Anforderung stellt eine der größten pädagogischen Herausforderungen für alle Beteiligten dar.
Die Weiterentwicklung von Lernenden und Lehrerenden ist ein wichtiger Teil der Lernkultur einer Schule und hat folgende Aufgaben und Ziele:
- Sicherstellen und planen des Lehrbedarfs,
- Identifizieren und fördern von talentierten Schülerinnen und Schülern,
- Nutzung der Potenziale aller Lernenden, wobei die Stärken im Fokus stehen,
- Ausgleich ihrer Schwächen,
- Erhöhte Motivation von Lehrenden und Lernenden,
- Vorbereitung auf die Anforderungen der Berufswelt mit ihren neuen Anforderungen an Flexibilität, Lösungsorientierung und Teamarbeit
Fazit
Die Lernkultur ist ein dynamischer Prozess, der Einfluss auf Lernumgebungen in Schulen und Unternehmen hat. Sie passt sich ständig ändernden gesellschaftlichen, technologischen und pädagogischen Anforderungen an und bewegt sich hin zu stärker individualisierten, flexiblen und selbstgesteuerten Lernprozessen.
Der Schwerpunkt liegt immer mehr auf der Förderung von individuellen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler wie eigenständigem Denken und Problemlösungsfähigkeiten. Ein wichtiger Aspekt dieses Wandels ist die Wertschätzung und Berücksichtigung ihrer Unterschiedlichkeit. Neue Ansätze wie Peer-to-Peer-Lernen und Microlearning werden zunehmend relevanter. Dabei bleibt die Rolle der Lehrkräfte von zentraler Wichtigkeit, auch wenn sie sich vom Wissensvermittler zum Motivator und Bildungsmanager wandelt.
Quellen
[1] https://www.clevis.de/lernkultur-im-wandel/
[2] https://edoc.ub.uni-muenchen.de/13873/1/Martz-Irngartinger_Alexandra.pdf