Medienpädagogik einfach erklärt
Inhaltsverzeichnis
Die Disziplin der Medienpädagogik hat sich seit den 1960er Jahren im Bereich der Erziehungswissenschaften etabliert. Sie beschäftigt sich damit, wie Menschen Medien wie Radio, Fernsehen, Internet, Videospiele, Zeitschriften und Bücher nutzen, verstehen und damit umgehen.
In der heutigen Zeit der digitalen Revolution spielen digitale Medien eine zentrale Rolle. Durch die schnelle Verbreitung von Informationen und die rasante Entwicklung des digitalen Medienangebots, befindet sich die Medienpädagogik in einem ständigen Wandel.
Medienangebote und Mediennutzung stehen im Spannungsfeld zwischen individuellen Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer, gesellschaftlichen Interessen sowie den Interessen des gewinnorientierten Marktes. Die Medienpädagogik übernimmt die wichtige Rolle, problematische gesellschaftliche Medientrends anzusprechen und eine kritische und sozial verantwortungsbewusste Verwendung dieser Medien zu fördern.
Zur Medienpädagogik gehören weitere Teilbereiche wie
- Medienerziehung,
- Mediendidaktik,
- Mediensozialisation und
- Medienforschung.
Die Disziplin der Medienpädagogik ist außerdem eng mit der Medienwissenschaft, der Kommunikationswissenschaft, der Mediensoziologie, der Mediengeschichte, der Medienphilosophie und der Medienpsychologie verknüpft.
Kurz gefasst besteht die Aufgabe der Medienpädagogik darin, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eine individuelle Medienkompetenz zu vermitteln. Dazu gehört, Medien kritisch einzuordnen, sie zu verstehen, sinnvoll zu nutzen, aber auch manipulative Absichten zu erkennen.
Medienpädagogik in Schulen
Im Jahr 2016 hat die Kultusministerkonferenz (KMK) eine Strategie zur „Bildung in der digitalen Welt“ vorgelegt. Diese Strategie bietet Ländern, dem Bund, Kommunen, Schulträgern und Schulen ein klares Handlungskonzept zur Förderung digitaler Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist ein verbindlicher Kompetenzrahmen, der an allgemeinbildenden Schulen fächerübergreifend angewendet werden kann.
Dieser Kompetenzrahmen definiert die folgenden Bereiche:
- Suchen, verarbeiten und aufbewahren: gezieltes Suchen und Filtern von Informationen, kritische Analyse von Quellen sowie eine strukturierte Datenspeicherung.
- Kommunizieren und kooperieren: situationsgerechte Kommunikation und aktive Teilhabe mithilfe digitaler Kommunikationsmittel.
- Produzieren und präsentieren: aktive Gestaltung verschiedener Medienformate unter Berücksichtigung rechtlicher Vorgaben.
- Schützen und sicher agieren: sicheres Handeln in digitalen Umgebungen, zum Beispiel unter dem Aspekt des Datenschutzes.
- Problemlösen und handeln: Anwendung digitaler Werkzeuge und technischer Lösungen für das eigene Lernen und Arbeiten.
- Analysieren und reflektieren: Analyse, Einordnung und kritische Bewertung von Medien in der digitalen Welt.
Alle Bundesländer haben sich dazu verpflichtet, die KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ umzusetzen. Das heißt, der Unterricht an deutschen Schulen wird fächerübergreifend in digitale Lernumgebungen integriert.
Warum Medienkompetenz von entscheidender Bedeutung ist
Laut der KIM-Studie 2022, die sich auf Kindheit, Internet und Medien konzentriert, sind 70 Prozent der Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren online aktiv. Mit wachsendem Alter steigt der Prozentsatz der Internetnutzer signifikant an: Bei den 6- bis 7-Jährigen sind es 38 Prozent, während es bei den 12- bis 13-Jährigen 99 Prozent sind. Sobald die Kinder das Alter von zehn bis elf Jahren erreichen, verfügen mehr als die Hälfte von ihnen über ein Smartphone.
Allerdings fehlen vielen Kindern und Jugendlichen sowohl digitale als auch soziale Kompetenzen im Internet.
Dies führt zu diversen Problemen:
- Stress und Beleidigungen im Klassenchat: Der Umgang mit Online-Kommunikation kann herausfordernd sein, besonders in Chats und sozialen Gruppen.
- Hate Speech und Fake News in den sozialen Medien: Soziale Medien bieten eine Plattform für Meinungsaustausch, bringen jedoch auch die Verbreitung von Hassreden und Fehlinformationen mit sich. Junge Menschen müssen lernen, Fakten und Fake News voneinander zu unterscheiden, das Gelesene, Gehörte oder Gesehene kritisch zu hinterfragen und verantwortungsbewusst zu handeln.
- Cybermobbing: Digitales Mobbing, auch bekannt als Cybermobbing, kann für die Opfer gravierende psychologische Auswirkungen haben. Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche lernen, wie sie sich vor solchen Situationen schützen können, und wo sie Hilfe erhalten, wenn sie selbst davon betroffen sind.
- Datenschutzprobleme: Kinder und Jugendliche verstehen möglicherweise nicht, wie ihre persönlichen Informationen online gesammelt, verwendet und schlimmstenfalls missbraucht werden könnten. Unerwünschte Werbung, Cyberkriminalität und Identitätsdiebstahl sind mögliche Folgen.
- Sexting: Das Versenden sexuell expliziter und unangemessener Inhalte über digitale Medien, kann für Kinder und Jugendliche schwerwiegende Probleme haben. Dazu gehören rechtliche Konsequenzen, Rufschädigung und psychische Belastungen.
Die gezielte Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule ist von enormer Bedeutung angesichts der hohen Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen und dem gleichzeitig oft fehlenden Verständnis für digitale und soziale Kompetenzen. Dies führt zu vielfältigen Herausforderungen im schulischen und privaten Umfeld.
Die Fähigkeit, Informationen kritisch zu bewerten, verantwortungsbewusst zu handeln und die eigenen Daten zu schützen, sind Schlüsselkompetenzen, die Schülerinnen und Schüler benötigen, um erfolgreich und sicher in der digitalen Welt zu agieren.
Medienkompetenzen: Situation in NRW und Österreich
Die Fähigkeit von Schülerinnen und Schülern, Medien zu verwenden, zu verstehen, zu bewerten und in verschiedenen Kontexten zu kommunizieren, spielt eine entscheidende Rolle, um das Internet sicher und effektiv zu nutzen. Der Medienkompetenzrahmen NRW wurde entwickelt, um genau diese Fähigkeiten bei Schülerinnen und Schülern in Nordrhein-Westfalen zu fördern. Dieser Rahmen stellt eine systematische und umfassende Darstellung der Medienkompetenzen dar, die im Bildungsbereich vermittelt werden sollen.
Ganz ähnlich sieht es in unserem Nachbarland Österreich aus: Das dortige Bundesministerium für Bildung und Frauen (BMBF) hat eine Liste von 21 Medienkompetenzen zusammengestellt, die Kinder und Jugendliche in der heutigen Zeit erwerben sollten:
Schülerinnen und Schüler sollten lernen,
- Kriterien der Mediengestaltung zu erkennen und zu benennen.
- Informationsquellen zu erfassen, korrekt zu zitieren und zu vergleichen.
- kommunikatives Handeln zu reflektieren, wahrzunehmen, zu verstehen und gewaltfrei zu gestalten.
- Medienangebote und Informationen auszuwählen, interaktiv zu nutzen, zu kommunizieren und zu präsentieren.
- Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung zu analysieren.
- Medienprodukte vergleichend zu analysieren.
- Medieneinflüsse und Wertvorstellungen zu erkennen und zu benennen.
- medienrechtliche Aspekte wie Datenschutz, Urheberrecht und Persönlichkeitsrecht zu erläutern.
- Interessen und Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung aus unterschiedlichen Perspektiven zu beurteilen.
- Kreativität in der Gestaltung von Medien zu zeigen.
- Ihre eigenen Rechte zu verstehen und ihre Interessen, Grenzen und Bedürfnisse wahrzunehmen.
- Medieninhalte und Mediengestaltungen kritisch zu bewerten.
- kritisches und kreatives Denken und Handeln als Grundhaltungen zeigen.
- sich als selbstwirksam zu erleben.
- zielgerichtet und weltoffen mit Personen und Systemen zu kooperieren.
- eigene Medienbeiträge und interaktive Anwendungen zu gestalten und zu verbreiten.
- Informations- und Kommunikationstechnologien sicher und kritisch zu nutzen.
- kritisch zu denken und Probleme zu lösen.
- selbstständig Ziele zu setzen.
- Informationen und Wissen interaktiv zu nutzen.
- eigene Medienbeiträge und Anwendungen zu planen und umzusetzen.
Medienkompetenzvermittlung in der Schule: Beispiele
In der Schule gibt es kein eigenes Fach, das sich explizit mit Medienbildung befasst. Im Informatikunterricht werden in erster Linie technische Anwendungen und grundlegende Programmierkenntnisse vermittelt. Gesellschaftliche und politische Aspekte der Mediennutzung sind jedoch nicht unbedingt Gegenstand des Faches.
Die flächendeckende Einführung eines eigenständigen Schulfachs zur Medienbildung wird derzeit diskutiert. Einige Fachleute betonen die Notwendigkeit eines eigenständigen Fachs. Andere begreifen die Vermittlung von Medienkompetenz als fachübergreifende Aufgabe. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Medienkompetenz in der Schule zu vermitteln.
Vermittlung von Medienkompetenzen durch externe Fachkräfte
Eine Lösung ist die Hinzuziehung von externen Expertinnen und Experten, die Unterrichtseinheiten zu unterschiedlichen Schwerpunkten wie Cyber-Mobbing, Fake-News und Identitätsdiebstahl gestalten.
Medienscout-Initiativen: „Peer-Beratung“ durch Gleichaltrige
Diese Programme verfolgen das Ziel, Kinder und Jugendliche im Umgang mit Medien zu schulen. Ausgebildete Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner (Medienscouts) geben Antworten zu Fragen rund um die Mediennutzung, Online-Sicherheit, Datenschutz und digitale Etikette. Diese „Peer-Beratung“ durch Gleichaltrige trägt dazu bei, das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen für die Chancen und Risiken der digitalen Welt zu schärfen.
Projektwochen mit Schwerpunkten auf Aspekte der Medienkompetenz
Im Rahmen von Projektwochen lässt sich der Fokus auf unterschiedliche Aspekte der digitalen Mediennutzung legen. Die Ergebnisse können die Schülerinnen und Schüler dann in Form einer Wandzeitung, eines Films, eines Vortrags oder einer Ausstellung präsentieren.
Fachunterricht mit Medienerziehung verknüpfen:
Im Sprachunterricht (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch) können beispielsweise politische Reden auf verwendete rhetorische Figuren untersucht und so manipulatorische Absichten entlarvt werden. In gesellschaftswissenschaftlichen Schulfächern wie Geschichte, Politik und Wirtschaft kann der Wissenserwerb über Filme und Podcasts erfolgen.
Geeignete Unterrichtsformen mit digitalen Medien kombinieren
Es ist möglich, die Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern fächerübergreifend zu stärken. Dabei können verschiedene didaktische Methoden zum Einsatz kommen.
Kooperatives Lernen
Bei dieser pädagogischen Methode arbeiten Schülerinnen und Schüler in Gruppen zusammen, um gemeinsam ihr Wissen zu erweitern, konkrete Probleme zu lösen oder Projekte umzusetzen.
Kommen dabei (digitale) Medien zum Einsatz, stärkt die kooperative Zusammenarbeit gleichzeitig die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler. Digitale Medien erleichtern das gemeinsame Erarbeiten und Präsentieren von Inhalten. Dadurch lernen die Schülerinnen und Schüler, effektiv mit digitalen Ressourcen umzugehen:
- Sie übernehmen zunächst eigenständig die Recherche zu einem bestimmten Thema, wodurch sie ihre Fähigkeiten im Umgang mit Informationsquellen verbessern. Es gilt, zuverlässige Informationen zu finden und seriöse Quellen von unseriösen zu unterscheiden.
- Anschließend kommen die Kinder und Jugendlichen in Gruppen zusammen, um die gesammelten Informationen zu diskutieren, kritisch zu bewerten und die relevanten Erkenntnisse auszuwählen. Dies fördert ihre Fähigkeit zur Analyse und Bewertung von Medieninhalten.
- Die Ergebnisse werden schriftlich fixiert.
- Abschließend präsentieren die Schülerinnen und Schüler gemeinsam der Klasse ihre Ergebnisse, was ihre Kommunikations- und Präsentationskompetenzen stärkt. Diese Präsentation kann beispielsweise als Referat, als Film oder als fingierte Diskussion/Rollenspiel erfolgen.
Somit integriert kooperatives Lernen mit digitalen Medien auf vielfältige Weise die Entwicklung von Medienkompetenz in den Unterricht.
Selbstgesteuertes Lernen
Beim selbstgesteuerten Lernen recherchieren Lernende eigenständig Informationen zu einem bestimmten Thema. Hierbei entwickeln sie Fähigkeiten, Informationen zu suchen, zu selektieren und zu bewerten. Diese Form des Lernens fördert zum einen die eigenständige Wissensaneignung und schult zum anderen die Fähigkeiten zur kritischen Informationsbewertung.
- Forschungsprojekte: Schülerinnen und Schüler wählen ein Thema aus, recherchieren eigenständig Informationen aus verschiedenen Quellen und bewerten deren Vertrauenswürdigkeit. Dabei lernen sie, kritisch zu hinterfragen, welche Informationen relevant sind und wie sie diese zur Präsentation strukturieren können. Dies fördert ihre Fähigkeiten im Umgang mit Informationsquellen und Medien.
- Projektarbeit: Die Lernenden entscheiden selbst, wie sie ein Projekt angehen und welche Medien sie verwenden möchten, um ihre Ergebnisse zu dokumentieren und zu präsentieren. Hierbei erwerben sie Fähigkeiten in der Auswahl und Anwendung von Medienformaten, während sie gleichzeitig ihre kreativen und kommunikativen Kompetenzen weiterentwickeln.
- Präsentationen: Schülerinnen und Schüler wählen eigenständig geeignete Medienformate aus, um Informationen ansprechend zu präsentieren. Dabei lernen sie, wie sie Inhalte verständlich aufbereiten und visuell unterstützen können, um ihre Botschaft wirkungsvoll zu vermitteln.
- Online-Kurse: Durch die Teilnahme an Online-Kursen üben die Lernenden das eigenverantwortliche Organisieren ihres Lernprozesses und den Umgang mit digitalen Lernplattformen. Dies stärkt ihre Fähigkeiten in der digitalen Selbstorganisation und Medienanwendung.
- Problemlösungsaufgaben: Schülerinnen und Schüler entwickeln eigene Herangehensweisen zur Problemlösung und nutzen verschiedene Medien, um ihre Lösungen zu präsentieren. Dies fördert ihre kreativen und analytischen Fähigkeiten im Umgang mit Medien.
Diese Beispiele zeigen, wie der Erwerb von Medienkompetenzen in der Schule aussehen kann. Die Lernenden werden dazu befähigt, eigenständig Informationen zu recherchieren, kritisch zu bewerten und sie adäquat zu präsentieren – Fähigkeiten, die in der heutigen digitalen Gesellschaft von großer Bedeutung sind.
Erklärvideos erstellen
Durch Erklärvideos lassen sich Lerninhalte auf kurzweilige Art und Weise vermittelt. Wenn Schülerinnen und Schüler selbst Videos für ihre Klasse erstellen, erwerben sie nicht nur fachliches Wissen, sondern vertiefen als „Content Creators“ (Ersteller medialer Inhalte) ihre Medienkompetenz:
- Recherche: Während sie Inhalte für ein Erklärvideo planen, recherchieren die Jugendlichen eigenständig, um verlässliche Informationen zu sammeln. Dies fördert ihre Fähigkeit zur Informationsbeschaffung, Einordnung und Informationsauswertung.
- Visuelle Darstellung: Das Erstellen von Erklärvideos erfordert außerdem das Verständnis für verschiedene Medienformate, visuelle Gestaltung und sprachliche Klarheit. Die Schülerinnen und Schüler müssen entscheiden, welche visuellen Elemente, Grafiken oder Animationen die Inhalte am besten veranschaulichen.
- Analyse: Darüber hinaus fördert die Erstellung von Erklärvideos die kritische Analysefähigkeit der Lernenden. Sie müssen überlegen, wie sie komplexe Konzepte vereinfachen und verständlich darstellen können, ohne dabei wesentliche Informationen zu verlieren. Dies schult ihre Fähigkeit zur inhaltlichen Bewertung und zur Aufbereitung von Medieninhalten.
Wenn Schülerinnen und Schüler Erklärvideos produzieren, eignen sie sich also nicht nur inhaltliches Wissen an, sondern entwickeln auch wichtige Medienkompetenzen. Sie lernen, Informationen zu recherchieren, kritisch zu bewerten, Medienformate auszuwählen und ihre Botschaften effektiv zu vermitteln – Fähigkeiten, die in einer von Medien geprägten Welt von unschätzbarem Wert sind.Formularbeginn
Quellen
https://lexikon.stangl.eu/832/medienpaedagogik
https://www.lehrer-online.de/fokusthemen/dossier/do/die-kmk-strategie-bildung-in-der-digitalen-welt/
https://digitalcourage.de/paedagogik/vermittlung-von-medienkompetenz-schulen
https://digitale-helden.de/angebote/mentorenprogramm/
https://www.cornelsen.de/magazin/beitraege/schueler-erstellen-erklaervideos-drei-praxistipps
https://www.schau-hin.info/studien/studien-zur-mediennutzung
https://www.mpfs.de/studien/kim-studie/2022/
https://medienkompetenzrahmen.nrw/fileadmin/pdf/LVR_ZMB_MKR_Rahmen_A4_2020_03_Final.pdf